Aeroakustik mit Ansys Fluent: Schallquellen gezielt lokalisieren

Wie entstehen Geräusche in Strömungen – und wo genau? In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick über die in Ansys Fluent verfügbaren Aeroakustik-Modelle. Am Beispiel einer Lüftungsanlage mit Drosselklappe zeigen wir Ihnen die Lokalisierung von Schallquellen mithilfe von Breitbandmodellen – schnell, effizient und ressourcenschonend. Ideal für die akustische Optimierung technischer Komponenten.

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Strömung in einem Rohr mit Drosselklappe | © Adobe Stock / CADFEM Germany GmbH

Akustik in der Strömung richtig einordnen

Bei der Entwicklung von Maschinen, Lüftungsanlagen oder Fahrzeugen stehen meist Leistung, Effizienz und Kosten im Vordergrund. Die Geräuschentwicklung bleibt oft zweitrangig – obwohl sie im Alltag am stärksten wahrgenommen oder sogar als störend empfunden wird. Man denke nur an den Staubsauger oder den Laubbläser des Nachbarn. Durch strengere Vorgaben rückt die Akustik jedoch zu-nehmend in den Fokus der Produktentwicklung. Wenn „leiser werden“ das Ziel ist, gilt es zunächst, die relevanten Schallerzeugungsmechanismen sowie das Frequenzspektrum des abgestrahlten Schalls zu verstehen – als Grundlage für gezielte akustische Optimierung.

Um Schallquellen zu lokalisieren, lohnt sich zunächst ein Blick auf ihren physikalischen Ursprung. Wird die Luft durch schwingende Strukturen in Bewegung versetzt – wie bei einer Gitarrensaite – spricht man von Vibroakustik. Entsteht der Schall hingegen direkt in der Strömung, etwa wie bei einer Flöte, so handelt es sich um Aeroakustik. Unabhängig vom Entstehungsmechanismus kann der abgestrahlte Schall unterschiedliche Charakteristika aufweisen: Dominieren bestimmte Frequenzen, spricht man von tonalen Komponenten – sie sind nicht nur im Frequenzspektrum, sondern auch beim Hören besonders auffällig. Fehlt eine solche Dominanz, liegt ein breitbandiges Rauschen vor.

In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick über die in Ansys Fluent implementierten Möglichkeiten, das Thema Aeroakustik zu adressieren. Der Fokus soll hierbei auf der Lokalisierung der Schallquellen liegen, also eine Antwort auf die Frage „wo kommt der Lärm her?“ geben. Hierfür schauen wir uns ein Rohr mit einer Drosselklappe und Ausströmung in die Umgebung an (Abb. unten). Wir gehen von einem Breitbandrauschen aus und wollen die Schallquellen lokalisieren, um beispielsweise geometrische Änderungen vorzunehmen oder gewisse Betriebszustände zu vermeiden. Insbesondere bei Lüftungsanlagen in Gebäuden sind entstehende Geräusche störend und unerwünscht.

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Rohr mit Drosselklappe | © CADFEM Germany GmbH

Schallentstehung & Schallausbreitung in Ansys Fluent

Die Schallentstehung findet maßgeblich durch Druckfluktuationen in turbulenten Gebieten statt, weshalb wir diese in Zeit und Raum sehr fein auflösen müssen. Da sich Schallwellen nur in Dichte-veränderlichen Medien ausbreiten können, müssen wir kompressibel rechnen und die relevanten Wellenlängen ausreichend fein diskretisieren. Der Zeitschritt ist so zu wählen, dass sich die mit Schallgeschwindigkeit transportierten Informationen pro Zeitschritt höchstens um eine Zelle fortpflanzen können. Für eine vollaufgelöste aeroakustische Analyse (CAA) müssen demnach die transienten, kompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen skalenaufgelöst so lange gelöst werden, bis auch die längste Periodendauer abgebildet wurde.

Aufgrund der hohen Anforderungen an das Gitter und den Zeitschritt, ist eine CAA sehr aufwändig und in vielen praktischen Fällen nicht umsetzbar. Hier kommen die Modelle der akustischen Analogie zum Einsatz, bei denen die Schallausbreitung durch einen eigenen Wellengleichungslöser berechnet wird. Das Strömungsfeld muss also nur die Schallquellen (Turbulenz), nicht aber die Schallwellen auflösen, weshalb das Fluid in vielen Fällen als inkompressibel definiert werden kann. Vertreter dieser Modellfamilie sind der Acoustic Wave Solver (AWS) und die Ffowks-Williams & Hawkins Methode (FW-H). Letztere wird insbesondere dann verwendet, wenn große Abstände zwischen Schallquelle und Empfänger zu überbrücken sind. 

Zur reinen Lokalisierung der Schallquellen sind die zuvor beschriebenen Methoden (CAA, FW-H und AWS) zu aufwändig. Daher ist in Ansys Fluent noch die einfachste Modellgruppe implementiert; die sogenannten Breitbandmodelle. Sie basieren auf der Lösung der stationären Reynolds-Averaged Navier Stokes Gleichungen (RANS). Mit einer stationären CFD-Lösung lassen sich natürlich keine instationären Ergebnisse wie ein Frequenzspektrum oder die Ausbreitung von Schallwellen, die inhärent transient sind, berechnen. Daher sind diese Modelle nur für die Untersuchung der Quellen des Breitbandrauschens anzuwenden. Ihr Vorteil liegt in dem geringen rechnerischen Aufwand und der Tatsache, dass sie reines Postprocessing sind (s. Abb.).

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Links: Ansys Fluent GUI & Acoustics, Rechts: Übersicht der verfügbaren Modelle in Ansys Fluent | © CADFEM Germany GmbH

Schallquellen im Bauteil lokalisieren

In unserem Beispiel dem Rohr mit der Drosselklappe wollen wir dem Rauschen auf den Grund gehen. Wir wollen verstehen, woher der Schall kommt und welches Bauteil den wesentlichen Anteil an der Geräuschentwicklung hat. Wir benötigen also in diesem Schritt keine Aussage zum tatsächlichen Schalldruckpegel beim Empfänger und auch keine Information zum Frequenzspektrum – uns interessieren lediglich die Schallquellen. Demnach reicht uns zur Lösung dieser Aufgabenstellung die Verwendung der Breitbandmodelle. Doch welches der in der obigen Abbildung aufgeführten Modelle ist passend und wo liegen die Unterschiede?

Ansys Fluent bietet vier Breitbandmodelle: Acoustic Power, Surface Acoustic Power, Lilley’s und LEE Noise Source. Die beiden letztgenannten erfordern synthetische Turbulenz, bieten jedoch keine praktischen Vorteile und werden daher nicht weiter betrachtet. Um den Unterschied zwischen Acoustic Power und Surface Acoustic Power zu verstehen, müssen wir uns mit der Klassifizierung von Schallquellen beschäftigen: Die Turbulenzballen der Freistrahlturbulenz verhalten sich im Sinne der Akustik wie Quadrupol-Quellen (Modell: Acoustic Power) und die Wand-Turbulenz-Interaktion verhält sich wie Dipol-Quellen (Modell: Surface Acoustic Power). Typischerweise werden Quadrupol-Quellen erst bei hohen Mach-Zahlen dominant. 

In unserem Fall haben wir es mit einer Wand-gebundenen Strömung im niedrigen Mach-Zahl Bereich zu tun. Die Erwartungshaltung ist also, dass die Dipol-Quellen dominant sind und somit das Modell Surface Acoustic Power die richtige Wahl ist. Sobald in der Ansys Fluent GUI unter Physics › Acoustics die Breitbandmodelle aktiviert wurden, können diese für das Postprocessing verwendet werden. In der Abbildung unten ist deutlich zu erkennen, dass die Vorderkante (LE) der Klappe hauptverantwortlich für die Schallentstehung ist. Aber auch die Unterseite der Hinterkante (TE) und die Achse selbst verursachen Schallquellen. Für einen A-B Vergleich können wir unter Results › Reports › Surface Integrals die gesamte Schallleistung auswerten, hier 8e-9 W. 

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Links: Dipol & Quadrupol-Quellen, Rechts: Schallquellen-Analyse mithilfe des Surface Acoustic Power Modells. | © CADFEM Germany GmbH

Ansys Fluent GPU Performance Testing – Use Case

Ob im Maschinenbau, in der Luftfahrt oder bei der Produktentwicklung: Strömungssimulationen sind für präzise und schnelle Entwicklungsprozesse unerlässlich. Doch wie unterscheiden sich CPU- und GPU-basierte Simulationen, und was sind die wichtigsten Kriterien bei der Hardwarebewertung? Dieser Beitrag beleuchtet grundlegende Unterschiede, Leistungsmetriken und die Anwendungsmöglichkeiten von GPU- und CPU-Setups für Ihre CFD-Projekte.t

Use Case entdecken

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So wählen Sie das passende Aeroakustik-Modell

Zusammenfassend können wir sagen, dass es in der Aeroakustik immer sowohl auf die Art der Strömung selbst als auch auf die dazugehörige Fragestellung ankommt. Bei Umströmungen mit einem weit entfernten Beobachter und der Frage nach der empfundenen Lautstärke benötigen wir eine skalenaufgelöste CFD zur korrekten Abbildung der Turbulenz (= Schallquellen) und das FW-H Modell zur Überbrückung der Distanz zwischen Beobachter und Schallquelle. Wollen wir lediglich klären, wo der Schall herkommt, und ist das Frequenzspektrum zunächst uninteressant, lohnt sich der Blick auf die Breitbandmodelle – so wie bei unserem Beispiel. Die untenstehende Tabelle gibt Ihnen für einige Szenarien und Fragestellungen mögliche Simulationsansätze.

Untersuchen doch auch Sie Ihr Design das nächste Mal auf mögliche Schallquellen – Sie benötigen nicht mehr als eine RANS-Analyse. Sind Sie doch an dem Frequenzspektrum am Ort des Empfängers interessiert, bieten wir Ihnen mit unserem Aeroakustik-Seminar Best-Practice Guidelines und das passende Fachwissen: Aeroakustik-Simulation: Schallentstehung in Strömungen | Seminar. Werfen Sie außerdem einen Blick auf den Ansys Fluent GPU Solver – im Bereich der skalenaufgelösten CFD ein echter Gamechanger in Bezug auf die Rechenzeit. Näheres hierzu lesen Sie in diesem TechArticle: Ansys Fluent GPU Performance Testing – Use Case.

Szenario

Fragestellung

Mögl. Ansatz

 

 

CFD

Akustik


Flugzeug-Fahrwerk beim Landeanflug


Lautstärke bei Siedlung in Flughafennähe


SAS oder SBES


FW-H

HVAC-System Auto

Geräuschentwicklung Fahrer- & Beifahrerseite

SBES

AWS oder CAA

Wind in Wohnsiedlung

Geräuschentwicklung im verkehrsberuhigten Bereich

SAS oder SBES

AWS

Kopfhörer Design (Fahrtwind)

Schall-induzierende Strömungsablösungen

WMLES

CAA

HVAC-System in Gebäude

Rauschreduktion / Opt.

RANS

Breitbandmod.

Auto Seitspiegel

Rauschreduktion / Opt.

RANS

Breitbandmod.

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Seminar Tipp

Aeroakustik-Simulation - Schallentstehung in Strömungen

In diesem Seminar lernen Sie, wie Sie derartige Phänomene bei um- oder durchströmten Fahrzeugen, Komponenten, Bauteile oder Systemen mit Hilfe numerischer Methoden und Ansys Fluent untersuchen können. 

Mehr Informationen und Anmeldung

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Autor

Malte Küper

Engineering Services

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malte.kueper@cadfem.at

Technische Redaktion

Dr.-Ing. Marold Moosrainer

Head of Professional Development

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