Elektronikentwicklung massiv beschleunigen und Time-to-Market um bis zu neun Monate verkürzen
Gerhard Friederici
19.12.2025
Realistische Simulationen für effizientere Entwicklungsprozesse
Infotainmentsysteme in Fahrzeugen durchlaufen eine tiefgreifende Transformation. Die umfassende Digitalisierung und zunehmend komplexe Technologien führen dazu, dass sich die hohen Designanforderungen für Hochgeschwindigkeits-Signalinterfaces auf Infotainment-Leiterplatten mit traditionellen Validierungsprozessen kaum noch umsetzen lassen. Insbesondere unter wachsendem Zeitdruck. Harman Becker Automotive Systems begegnet diesen Herausforderungen in der Entwicklung durch eine intensive Nutzung von numerischen Simulationen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Sicherstellung der Signalintegrität bei komplexen Leiterplatten-Designs. Zu den anspruchsvollsten Aufgaben der Entwickler gehört, die realen Bedingungen in der Simulation möglichst genau nachzubilden.
Die rasante Entwicklung von Fahrzeugsystemen – insbesondere durch die Integration immer neuer Infotainment-, ADAS- (Advanced Driver Assistance Systems) und autonomer Fahr-Funktionen – erhöht die Komplexität der Systeme drastisch. Hinzu kommen der erhöhte Datendurchsatz, die Notwendigkeit der Echtzeitverarbeitung und die nahtlose Integration mehrerer Hochgeschwindigkeitssignale (wie PCIe Gen5, UFS Gen4, LPDDR5x, DP, USB, LVDS, Ethernet), wobei der verfügbare Bauraum oft sehr begrenzt ist. Zusätzlich erschwert der Trend zur Elektrifizierung mit der Integration zahlreicher Sensoren und Module die Realisierung einer entsprechenden Systemarchitektur.
Was sind die Herausforderungen?
- Signalintegrität (SI) auf Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen: Die Sicherstellung sauberer, zuverlässiger Signale über Hochgeschwindigkeitsschnittstellen in einer potenziell störungsreichen Fahrzeugumgebung, ist anspruchsvoll. Faktoren wie Übersprechen, elektromagnetische Wechselwirkungen (EMV) und Impedanzabweichungen können die Signalqualität beeinträchtigen.
- Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV): Je mehr elektronische Komponenten in Fahrzeugen verbaut werden, desto schwieriger wird es, EMV zu kontrollieren und Normen einzuhalten.
- Physikalische Einschränkungen: Begrenzter Platz und die Notwendigkeit robuster, vibrationsresistenter Verbindungen machen das Layout der Leiterplatte und die Platzierung der Komponenten komplex.
- Power Integrity: Die Stromversorgung empfindlicher Hochgeschwindigkeitskomponenten muss bei minimalem Rauschen und Spannungsabweichungen sichergestellt werden.
- Thermisches Management: Hohe Datenraten und dichte Komponentenplatzierung erzeugen Wärme, die die Signalperformance und Hardwarezuverlässigkeit beeinflussen kann.
Business Case: Geringere Kosten, weniger Iterationen, zufriedenere Kunden
Durch den Einsatz leistungsstarker Simulationssoftware wie Ansys HFSS 3D Layout und Ansys SIwave kann Harman bereits in frühen Entwicklungsphasen fundierte Designentscheidungen treffen. Simulation ist bei Harman nicht nur ein technisches Hilfsmittel, es ist ein strategischer Hebel. Erreicht werden:
- deutliche Reduktion physischer Prototypen
- Verkürzung der Time-to-Market
- Verbesserung der Produktqualität
- Steigerung der Kundenzufriedenheit
Eine verkürzte Prototypenphase kann die Time-to-Market um sechs bis neun Monate reduzieren!

Gegenüberstellung von Simulation und Messung in Eye-Diagrammen zur quantitativen Bewertung der Signalqualität in Hochgeschwindigkeits-Datenkanälen. | © Harman Becker Automotive Systems
Maßgeschneiderte Simulationswerkzeuge für unterschiedliche Design-Herausforderungen
Für weniger komplexe Schaltungen und Schnittstellen mit geringerer Geschwindigkeit nutzen Harman-Ingenieure die Software Ansys SIwave zur Extraktion von S-Parametern, zur Impedanzprüfung und zur Berechnung von Leiterbahnlängen. Ansys SIwave wird auch für Power-Integrity-Simulationen (DC und AC) sowie zur Simulation von Nah- und Fernfeld-Effekten für EMV eingesetzt.
Für hochkomplexe Schaltungen mit Hochgeschwindigkeitsschnittstellen kommt Ansys HFSS 3D Layout zum Einsatz. Sie hilft, S-Parameter mit höherer Genauigkeit zu extrahieren und nutzt dabei Cluster-Computing. Bei mehreren Leiterplatten ermöglicht Ansys HFSS 3D Layout die Kombination von Boards inklusive Lötkugel-Eigenschaften zur Extraktion eines einheitlichen Satzes von S-Parametern. Diese werden dann in die Schaltungssimulation des Ansys Electronic Desktop importiert. Dort werden Komponentenmodelle hinzugefügt, um TDR, Eye-Diagramme, Skew, Einfügedämpfung, Rückflussdämpfung, Übersprechen und weitere Parameter zu simulieren.
Tools und Technologien
- Ansys SIwave, Ansys HFSS und Ansys HFSS Regions: Kombination aus 2.5D- und 3D-Feldlösern je nach Komplexität
- Cluster-Computing: Empfohlen für Ansys HFSS-basierte S-Parameter-Extraktion – implementiert mit Unterstützung von CADFEM
- Designoptimierung: Beispiel – verbesserte Impedanz durch Anpassung der BGA-Lötkugeldurchmesser (von 51 auf 69 Ohm)
Strukturierter Prozess: Globale Zusammenarbeit und Expertise-Zuordnung
Harman folgt einem klar definierten Simulationsprozess. Zunächst werden Simulationsziele in enger Abstimmung zwischen Stakeholdern und Simulationsingenieuren festgelegt. Anschließend folgen die Sammlung und Prüfung der relevanten Dokumente wie Datenblätter, Modelle und Anforderungen. Je nach Komplexität, Prioritäten und Zeitrahmen werden geeignete Tools und Expertisen für Setup und Analyse ausgewählt. Am Ende des Prozesses dienen die Ergebnisse nach finaler Validierung und Dokumentation dann als Entscheidungsgrundlage für Projektmanagement und Entwicklungsteams.
Details, Tipps und Tricks
Erfahren Sie mehr über „How to Simulate Close to Reality“ und laden Sie die Präsentation von Dr. Maha Koraichi (Hardware Engineer, Engineering/R&D, Connected Car Division, Harman Becker Automotive Systems GmbH) herunter.
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Vom Ideal zu Realität: Herausforderungen im High-Speed-Design
Ziel ist es, möglichst realitätsnah zu simulieren. Statt idealisierter Setups werden reale Effekte wie Stromrauschen, Jitter, Leiterplattenrauheit und Ätzprozesse berücksichtigt. Nur so lassen sich potenzielle Schwachstellen frühzeitig erkennen und beheben – inklusive Worst-Case-Analysen. Die Simulationen ermöglichen, jedes potenzielle Problem, das ein System beeinträchtigen könnte, zu definieren, zu identifizieren und mit geeigneten Maßnahmen zu lösen. Durch die Analyse unterschiedlicher Szenarien können die Entwickler verschiedene Ideen und Technologien testen und sich so einen Vorsprung im globalen Wettbewerb sichern.
Simulationsstrategie
- Ideale Simulation: Ausgangspunkt mit vereinfachten Annahmen
- Power-Aware Simulation: Integration des Power Delivery Network (PDN) zur Berücksichtigung von Rückkopplungen, simultanem Schalten und nicht-idealen Rückstrompfaden
- Jitter-Modellierung: Einbeziehung von zufälligem, periodischem und deterministischem Jitter zur realistischen Signalauswertung
- Rauheit & Ätzprozesse: Berücksichtigung von Leiterplattenherstellungsprozessen (z. B. Huray-Modell) zur Verbesserung der TDR-Genauigkeit
- Passive Komponenten mit S-Parametern: Realistische Modellierung von Kondensatoren und Induktivitäten statt idealisierter Ersatzschaltungen
Simulation trifft Realität: 90 % Genauigkeit bei der Validierung
Nach der Erstellung des Prototyps werden Messungen durchgeführt, um Schlüsselparameter zu bestimmen und mit den Simulationsergebnissen zu vergleichen. Das Ergebnis zeigte eine über 90 %ige Übereinstimmung – ein Beweis für die hohe Präzision der Simulationen. Zur weiteren Verbesserung wird das Simulationssetup trotzdem nach jedem Vergleich überprüft und, wenn möglich, optimiert. Diese hohe Genauigkeit schafft Vertrauen bei Harmans Kunden und führt zu frühzeitigen, fundierten Entscheidungen im gesamten Entwicklungsprozess.
Schauen Sie sich jetzt das Interview mit Dr. Maha Koraichi (Hardware Engineer, Engineering/R&D, Connected Car Division, Harman Becker Automotive Systems GmbH) an!
Über Harman Becker Automotive Systems
Harman ist ein weltweit führender Anbieter von Connected-Car-Technologie, Lifestyle-Audio-Innovationen, professionellen Audio- und Lichtlösungen sowie digitaler Transformation. Unsere Automotive-Produkte entstehen aus dem Verständnis für Fahrer und Mitfahrer, um großartige Erlebnisse zu schaffen. Harman erschließt neue Möglichkeiten durch die Expertise seiner Automotive- und Sound-Ingenieure. So können schneller neue marktreife Produkte geliefert und dennoch strenge Automobilstandards erfüllt werden. Das Ergebnis: kreative Produkte in überlegener Automotive-Qualität.
FAQs
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Warum sind realistische Simulationen für das Design von High Speed Electronics essenziell?
Mit steigenden Datenraten können selbst kleine Probleme wie Signalreflexionen, Übersprechen und elektromagnetische Störungen zu Leistungsabfällen oder Datenfehlern führen. Realistische Simulationen ermöglichen es Entwicklern, das Signalverhalten in komplexen Umgebungen vorherzusagen und potenzielle Probleme frühzeitig zu adressieren. Das reduziert teure Überarbeitungen und sorgt für zuverlässigen Betrieb – mit robusten, hochwertigen Produkten in modernen Anwendungen.
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Wie verbessern erweiterte Simulationsmodelle die Genauigkeit in der Elektronikentwicklung?
Durch die Einbeziehung von Faktoren wie Stromversorgungsschwankungen, Timing-Unsicherheiten (Jitter) und Fertigungstoleranzen können Simulationen noch besser die realen Gegebenheiten abbilden. Eine solche umfassende Modellierung hilft, potenzielle Fehler oder Engpässe frühzeitig zu erkennen, das Risiko späterer Revisionen zu minimieren und die Gesamtzuverlässigkeit zu erhöhen.
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Welche Infrastruktur und Expertise sind für effektive Elektronik-Simulationen erforderlich?
Eine gut in die Entwicklungslandschaft integrierte Simulationsumgebung – unterstützt durch Hochleistungsrechner und detaillierte Komponentenmodelle – ermöglicht schnelle und präzise Designzyklen. Diese Investitionen führen direkt zu Wettbewerbsvorteilen in Bezug auf Geschwindigkeit, Qualität und Kosteneffizienz.
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Warum ist funktionsübergreifende Zusammenarbeit in der simulationsgetriebenen Elektronikentwicklung wichtig?
Harmans Simulationsstrategie basiert auf enger interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen internen Fachexperten, Layout-Ingenieuren, CADFEM- und Ansys-Spezialisten – insbesondere in frühen Designphasen. Dieser kollaborative Ansatz stellt sicher, dass Herausforderungen bei Signal- und Stromintegrität proaktiv angegangen und neue Ideen zur Leistungsverbesserung kontinuierlich erforscht werden.
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