Wie Ingenieure das Quantencomputing durch Simulation ermöglichen
Alexander Shalaby
20.06.2025
Tech Article 25/06 | Ansys-Simulationstools an der Spitze der Computerrevolution
Seit Mitte des 20. Jahrhunderts stützt sich die Weltwirtschaft auf zwei Hauptfaktoren: Energie und Rechenleistung. Über Energie und die Energiewende wurde viel gesagt, daher konzentrieren wir uns hier auf die Rechenleistung. Datenverarbeitung ist heute allgegenwärtig – in Smartphones, Uhren und dem IoT. Und für Simulationsingenieure gilt: Ohne Rechenleistung keine Simulation.

Illustration eines Quantencomputers | © Adobe Stock
Vom Moore’schen Gesetz zu Quantencomputern
Herr Moore hat beobachtet, dass sich die Rechenleistung alle zwei Jahre verdoppelt. Dabei handelt es sich um ein empirisches Gesetz und nicht um ein physikalisches Gesetz. Aus diesem “Moore’schen Gesetz” ergibt sich also ein exponenzieller Anstieg der Rechenleistung, wie in Abbildung 1 dargestellt. Die einfache Erklärung dafür ist, dass die Rechenleistung von winzigen planaren Schaltern, den Transistoren, abhängt: Mehr Transistoren = mehr Rechenleistung. Aber, wie lange wird das Moore’sche Gesetz also noch gelten? Wenn wir uns 1 nm nähern, setzen Quanteneffekte ein und wir können die Transistoren nicht weiter verkleinern. Zitat Moore: Kein exponenzielles Verhalten bleibt ewig: Aber „ewig“ kann verzögert werden!
Um die Zahl der Transistoren zu erhöhen, schlugen die Ingenieure zwei Lösungen vor: 3D-ICs und Quantencomputer. Bei 3D-ICs werden Transistoren wie bei Stockwerke gestapelt, um mehr Komponenten auf gleicher Fläche unterzubringen. Dies könnte das Moore’sche Gesetz bis mindestens 2036 verlängern, birgt aber auch Herausforderungen wie mechanische Belastungen und thermische Probleme, die den frühzeitigen Einsatz von Multiphysik-Simulationen erforderlich machen. Eine Alternative ist die Nutzung von Qubits, die 0 und 1 zugleich darstellen. Quantencomputer benötigen extreme Bedingungen, z. B. Millikelvin-Temperaturen. Die eigentliche Herausforderung liegt eher in der Technik als in der Physik.
Quantenchips fungieren als Koprozessoren, ähnlich wie GPUs, und benötigen einen klassischen Rechner. Ein Quantencomputer ist somit eine herkömmliche Maschine mit Quanten-Coprozessor. Während klassische Systeme für alltägliche Aufgaben geeignet sind, scheitern sie bei massiver Parallelität (z.B. Brute-Force-Entschlüsselung, DNA-Sequenzierung oder Medikamentenforschung), wo Quantencomputer in Sekunden Ergebnisse liefern. Auch in der Werkstofftechnik könnten IngenieurInnen ideale Eigenschaften vorgeben und Quantencomputer würden passende Moleküle simulieren – auch solche, die in der Natur nicht existieren. Die folgenden Kapitel widmen sich den technischen Details dieser vielversprechenden Möglichkeiten.
Exponenzielles Wachstum der Rechenleistung über die letzten Jahre basierend auf dem Moore’schen Gesetz | © CADFEM Germany GmbH
Die Physik des Quantencomputers
Die Krux der photonischen Quanteninformatik liegt in ihrer Größe - sie ist von Natur aus klein. Was „klein“ bedeutet, hängt davon ab, wie jedes Qubit aufgebaut ist. Im Wesentlichen ist es jedoch so klein, dass die klassische Physik nicht mehr gilt und die Quantenmechanik zur Beschreibung nötig wird. In diesem Maßstab können die Informationsträger (die „Qubits“) so manipuliert werden, dass sie Eigenschaften aufweisen, die nur in Quantensystemen möglich sind. Zwei der grundlegendsten Effekte, die für Quantencomputer wichtig sind, sind Superposition und Verschränkung. Superposition bedeutet, dass ein Qubit im Zustand Null, Eins oder einem „Zwischenzustand“ sein kann.
Mit anderen Worten: Quantenbits können im Gegensatz zu klassischen Bits nicht-deterministisch sein. Verschränkung bezeichnet ein Phänomen, bei dem mehrere Qubits so verbunden sind, dass sie nur als ein kollektiver Zustand beschrieben werden können. Die Messung eines Qubits beeinflusst den Zustand eines anderen. Diese Konzepte bilden die Grundlage der Quanteninformatik, doch ihre praktische Nutzung für sinnvolle Berechnungen ist deutlich komplexer. Wendet man sich den praktischen (und klassischen) Aspekten zu, gilt es, Methoden zur Manipulation der Qubits zu entwickeln. Es gibt viele Qubit-Arten, z. B. supraleitende Josephson-Kontakte, gefangene Ionen oder Photonen.
Bei jedem Typ hängt die Manipulationsmethode von der gewählten Technologie ab. Bei gefangenen Ionen beispielsweise werden elektrische Schaltkreise verwendet, um Potenzialtöpfe zu steuern, die die Ionen zur Interaktion bewegen, so dass sie verschränkt werden können. Obwohl der Computer selbst quantenmechanisch arbeitet, stützt sich das Steuersystem auf etablierte HF-Komponenten aus traditionellen Bereichen - diese werden im nächsten Abschnitt behandelt. Darüber hinaus ist unabhängig von der spezifischen Architektur die Kommunikation zwischen lokalen Quantensystemen unerlässlich und Photonen sind dafür ideal geeignet, wie in Abschnitt 3 erläutert wird.
Ein Qubit ist das Quantenpendant zum Bit und kann gleichzeitig in Überlagerung von 0 und 1 existieren. | © Adobe Stock
Wie Ingenieure das Quantencomputing durch Simulation ermöglichen
Die Hochfrequenztechnik ist eine der ältesten Disziplinen der Elektrotechnik und begann im 19. Jahrhundert. Daraus entwickelten sich Technologien wie Radar, Leiterplatten und integrierte Schaltkreise bis hin zu Hohlleitern. Co-Planare Wellenleiter (CPW) bieten im Vergleich zu Mikrostreifenleitungen geringe Strahlungsverluste und einfachen Zugang zum Erdpotenzial – Vias entfallen. Früher erfolgte die Auslegung auf Basis experimenteller Daten und empirischer Formeln. Heute ermöglichen Tools wie Ansys HFSS eine präzise Simulation des Betriebsverhaltens ohne Prototypen-Iterationen. HFSS ist dank der adaptiven Netzverfeinerung so exakt, dass es zum Gold-Standard der Branche wurde. Insbesondere bei CPW-Verbindungen, bei denen das Feld zwischen engen Schlitzen begrenzt ist, ist eine höhere Vernetzungsgenauigkeit erforderlich. CPW werden heute in fast allen Implementierungen von Quantencomputern verwendet. Daher ist die Fähigkeit, CPW-Verbindungen richtig und genau zu entwerfen, das Herzstück des Entwurfsprozesses von Quantencomputern. HFSS bietet mit Subtools wie TRL gute Startpunkte für das finale Layout.
RL tool in HFSS & CPW Übertragungsleitung mit zusätzlicher Erdpotenzial-Platine (benötigt stitching Vias) | © CADFEM Germany GmbH
Ansys Fluent GPU Performance Testing – Use Case
Ob im Maschinenbau, in der Luftfahrt oder bei der Produktentwicklung: Strömungssimulationen sind für präzise und schnelle Entwicklungsprozesse unerlässlich. Doch wie unterscheiden sich CPU- und GPU-basierte Simulationen, und was sind die wichtigsten Kriterien bei der Hardwarebewertung? Dieser Beitrag beleuchtet grundlegende Unterschiede, Leistungsmetriken und die Anwendungsmöglichkeiten von GPU- und CPU-Setups für Ihre CFD-Projekte.t

Die Ausgangswerte aus dem TRL-Tool werden an den Vollwellen-FEM-Löser (Finite-Elemente-Methode) in HFSS übergeben. Da diese auf empirischen Formeln basieren, ist eine Optimierung nötig, um den angestrebten Wellenwiderstand, meist 50 Ohm, zu erreichen. Der integrierte Optimierer ist erledigt dies effizient in etwa 3 Minuten auf einem 4-Kern-Büro-Laptop. Dank des adaptiven Netzes von HFSS zeigen die Feldverteilungen glatte Übergänge, was auf eine hohe Netzqualität hinweist. Diese Felddiagramme dienen auch zur Überprüfung der Modenanregung. Die S-Parameter zeigen einen hohen dynamischen Bereich zwischen S11 (Reflexion) und S12 (Transmission), was nochmals die Genauigkeit von HFSS beweist.
Co-Planar Wellenleiter - S11 (Reflexion), S12 (Transmission) & Stromdichte | © CADFEM Germany GmbH
Bei der Simulation von CPW ist es wichtig, den Modus der charakteristischen Impedanz in HFSS von Zpi auf Zpv umzustellen. Für Übergänge – etwa zu Chips oder anders dimensionierten Strukturen – sind oft Bonddrähte nötig, die durch Stromeinschnürung die Induktivität erhöhen. Dazu erlaubt das Tool Optimetrics die Durchführung von Parameterstudien zur Analyse unterschiedlicher Bonddrahtdurchmesser, -längen und -abständen. Enden die Drähte auf Pads, entstehen parasitäre Kapazitäten, die gemeinsam mit der Induktivität betrachtet werden müssen, um Resonanzspitzen zu vermeiden. HFSS bietet präzise Werkzeuge für den Entwurf von CPW-Verbindungen und -Übergängen - entscheidend für Quantencomputer, bei denen selbst geringe Verzerrungen die Fehlerrate erhöhen.

Seminar Tipp
HF-Simulation mit Ansys HFSS
In diesem Seminar lernen Sie, hochfrequente elektromagnetische 3D-Feldsimulationen mit Ansys HFSS sicher durchzuführen. Diese Schulung wird als 2-tägiges Seminar angeboten oder alternativ als eLearning-Kurs mit freier Zeiteinteilung.
Photonik: verschränkte Qubits mit Lichtgeschwindigkeit
Was sind die Herausforderungen beim Einsatz der Photonik in Quantencomputern? Photonik spielt in vielen Quantencomputersystemen eine zentrale Rolle – entweder als intrinsische Qubits eines Quantencomputers oder zur Vernetzung von Quantencomputern mit anderen Qubit-Technologien (z. B. gefangene Ionen, Josephson-Kontakte, usw.). Bei der Vernetzung von Quantencomputern spielt die Photonik eine entscheidende Rolle bei der Verbindung von Quantenprozessoren über große Entfernungen - eine wichtige Voraussetzung für verteilte Quantensysteme. In Ionenfallen-Quantencomputern übernehmen Ionen die Rolle stationärer Qubits, während Photonen als fliegende Qubits Quanteninformationen zwischen den Knoten übertragen.
Photonische Verbindungen ermöglichen Verschränkungsverteilungen und Quantenteleportation – beides zentrale Voraussetzungen für Quantennetze und ein künftiges Quanteninternet. Für die Skalierung von Quantensystemen ist Photonik essenziell: Da viele Anwendungen zehntausende logische (und Millionen physikalische) Qubits benötigen, ist die Skalierung von entscheidender Bedeutung, weil technische Limitierungen wie die Größe von Kühlern solche Systeme sonst einschränken würden. Ansys Lumerical unterstützt den Entwurf photonischer Schnittstellen durch Simulation von Komponenten wie optischen Kavitäten, Faserkopplern und weiteren Elementen, die für effiziente Licht-Materie-Interaktion und minimalen Signalverlust sorgen.
Über die Vernetzung hinaus können Photonen auch als Qubits in photonischen Quantencomputern dienen, wobei Informationen über Polarisation, Time-Bin oder Pfad kodiert werden. Diese Qubits sind unempfindlich gegenüber Umgebungsrauschen und lassen sich mit linearen optischen Elementen wie Phasenschiebern und Interferometern manipulieren. Lumerical ermöglicht die präzise Simulation solcher Komponenten, sodass Quantengatter und -schaltungen vor der Fertigung getestet werden können. Tools auf Systemlevel wie Lumerical INTERCONNECT und qINTERCONNECT unterstützen zusätzlich bei der Systemanalyse unter realistischen Bedingungen inklusive Fertigungsschwankungen und Verlusten.
Lumerical-Simulation zur Auswertung der Ladungsverteilung im Phasenschieber | © CADFEM Germany GmbH
Wenn sich Möglichkeiten gegenseitig ergänzen
Mit den Fortschritten im photonischen Quantencomputing sind Simulationswerkzeuge wie Ansys Lumerical unerlässlich, um die Leistungsfähigkeit zu optimieren, Entwicklungskosten zu senken und die Grenzen der Quanteninformatik zu erweitern. Lumerical eignet sich ideal für die Entwicklung des photonischen Designs in Quantenkommunikations- und -sensortechnologien, während Ansys HFSS hochfrequente EM-Simulationen für Quantenhardware wie supraleitende Qubits und Resonatoren bietet. Wenn Sie erlernen wollen, wie und vor allem WARUM man die charakteristische Impedanz ändert oder wie parametrische Änderungen die Reflexion und die Transmission beeinflussen, besuchen Sie das Seminar HF-Simulation mit Ansys HFSS.
Auswirkung der characteristischen Impedanz auf die Reflexion (S11) | © CADFEM Germany GmbH
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Quanteninformatik an der Schwelle technologischer Innovation steht und branchenübergreifend neue Möglichkeiten eröffnet. Tools wie Lumerical und HFSS spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie eine präzise Simulation von Quantengeräten und elektromagnetischen Umgebungen ermöglichen. Gemeinsam schließen diese Tools die Lücke zwischen Quantenmechanik und Technik und beschleunigen die Entwicklung skalierbarer, realer Quantensysteme. Während Forschung und Entwicklung fortschreiten, wird die Synergie zwischen Quantencomputern und fortschrittlichen Simulationsplattformen entscheidend sein, um das Potenzial dieses revolutionären Bereichs ausschöpfen zu können.
Schauen Sie sich auch CADFEM's Let’s Simulate an, um zu sehen, wie sich Experten über die Simulation von Quantenberechnungs-Technologien mit HFSS und Lumerical austauschen. Und wenn Sie Experten bei der Arbeit zusehen, erhalten Sie in der Regel ganz nebenbei Tipps und Tricks, die Ihnen auch in anderen Bereichen helfen... :-)

Let’s Simulate – Wissensbausteine für die Produktion von Quantencomputern
In dieser Staffel tauchen die Experten Alexander Shalaby und Ph.D. Steven Jones in die Welt von Quantencomputing und Photonik ein. Erfahren Sie, wie Fortschritte in der Hochfrequenztechnik und Photonik moderne Simulationstechniken beeinflussen und wie Quanteneffekte ins Spiel kommen.


