Innovativer Simulationsansatz reduziert Energiebedarf von Großventilatoren
Alexander Kunz
28.01.2025
Kleine Änderungen, große Wirkung
Große Industrieventilatoren in Lüftungsanlagen sorgen in Tunneln, Hallen und weitläufigen Gebäuden für gute Luft. Das verschlingt viel Energie – zu viel. Deshalb verschärft die EU die Richtlinien zum Mindestwirkungsgrad. Wie sie Hersteller erfüllen können, zeigt eine aktuelle Promotionsarbeit. Ein Schlüssel dafür sind Strömungssimulationen.
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Visualization of the gap flow of a low-pressure axial fan | © Hochschule Coburg
Dr. Manuel Fritsche hat ein neues Verfahren für die Simulation und Auslegung von Luftströmen an Ventilatoren entwickelt. | © Natalie Schalk / Hochschule Coburg
Dr. Manuel Fritsche hat an der Hochschule Coburg Maschinenbau studiert, seinen Master gemacht und an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) promoviert. Dabei ist er zum Experten für Strömungssimulationen geworden. Dieses Fachwissen prägt seine Doktorarbeit, die er im März 2024 mit „Magna cum Laude“ abgeschlossen hat. Ihr Kern ist eine Auslegungs- und Optimierungsstrategie, mit der Hersteller von Industrieventilatoren die verschärfte EU-Ökodesign-Richtlinie zum Mindestwirkungsgrad erfüllen können. Die EU-Verordnung mit der Nummer 327/2011 ist Teil der ErP Richtlinie 2009/125/EG und verlangt eine signifikante Steigerung der Energieeffizienz der Anlagen.
„Dass der Mindestwirkungsgrad systematisch erhöht wird, ist für die Hersteller eine technische Herausforderung“, sagt Dr. Manuel Fritsche. Dieser hat er sich in seiner Promotion angenommen. Betreut wurde sie an der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg von Prof. Dr. Philipp Epple, Leiter des Labors für Strömungsmechanik, sowie von Prof. Dr. Antonio Delgado vom Lehrstuhl für Strömungsmechanik der FAU. Als Simulationswerkzeug für die Arbeit mit dem Titel „Simulationsgetriebene Auslegungs- und Optimierungsstrategie für den Anwendungsfall eines Axialventilators mit Leitapparat“ diente die Software Ansys CFXTM. Sie ist führend bei Turbomaschinen und wurde von CADFEM, einem engen Vertriebs- und Technologiepartner von Ansys, zur Verfügung gestellt.
Bewährte Software – neue Wege
Ansys CFX wurde speziell für die Simulation von Strömungsmaschinen entwickelt und wird dafür schon seit Jahrzehnten verwendet. Das zeigt auch: Numerische Strömungsberechnungen oder CFD („Computational Fluid Dynamics“) an sich sind keine Besonderheit, sondern vielmehr ein Standard bei der Ventilatorentwicklung. Der von Dr. Manuel Fritsche verfolgte Ansatz legt jedoch zusätzliche, bisher unentdeckte Potenziale für einen besonders energieeffizienten Betrieb von Axialventilatoren offen.
Effizienz im Betrieb wichtiger als in der Fertigung
Axialventilatoren werden in der Industrie aus Kosten- und Fertigungsgründen meist mit dreidimensional gebogenen Schaufeln aus gleichbleibend dickem Blech hergestellt. Die Strategie von Dr. Manuel Fritsche setzt hier an: Sie prüft auf Basis tausender Simulationen das Verhalten alternativer Gestaltungsvarianten der Schaufeln und die Auswirkung auf Effizienz, sprich: auf weniger Energieverbrauch bei mindestens gleichbleibender Leistung.
Die bisherige Maßgabe, minimale Fertigungskosten, wird so dem Ziel der maximalen Energieeffizienz im Betrieb untergeordnet. Die Optimierungspotenziale sollten auch in kleinsten Details ermittelt, die Möglichkeiten von Ansys CFX voll ausgereizt werden.
Der Ansatz verfolgt im ersten Schritt eine analytische, auf physikalischen Gleichungen basierende Auslegung der Schaufeln unter Vorgabe der Totaldruckverteilung sowie umfangreiche CFD-Simulationen. Im zweiten Schritt werden die Ergebnisse dann innerhalb Ansys Workbench über ein digitales Mehrzieloptimierungsverfahren (DoE, Antwortflächen, Parameter) weiter verbessert.
Visualisierung der Spaltströmung eines Niederdruck-Axialventilators | © Hochschule Coburg
CADFEM Conference Hannover, 07.05.2025
Fokus auf CFD – Entdecken Sie die neuesten Trends in der Strömungssimulation, insbesondere die Vorteile der GPU-Beschleunigung für schnellere Ergebnisse und komplexere Simulationen.
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Hochleistung aus Erlangen
Die Strategie von Dr. Manuel Fritsche geht damit weit über das Spektrum traditioneller Simulationen hinaus: Möglich wird dies durch die Einbindung von HPC-Technologie. Auf diese um Faktor 120 höhere Rechenleistung - ca. 1000 Rechenkerne statt 8 in einem gängigen PC - konnte er über das Zentrum für Nationales Hochleistungsrechnen (NHR) des Regionalen Rechenzentrums (RRZE) der FAU zugreifen.
Beispiel: Einfluss der Schaufelgestaltung
So identifizierte er am Beispiel der Schaufel eines Niederdruck-Axialventilators die Bereiche, bei denen eine Umgestaltung zu weniger Verwirbelungen und mehr Strömungseffizienz führt. U.a. untersuchte er den Einfluss der Schaufellänge im äußeren Bereich über jeweils identische Auslegungen. Es zeigte sich, dass dort eine längere Schaufel die Strömungsführung signifikant verbessert, was sich in den Druck- und Wirkungsgradkennlinien widerspiegelt.
Einfluss der Laufradschaufellänge im Bereich des Gehäuses | © Hochschule Coburg
Ein anderes Beispiel ist die detaillierte Untersuchung der Spaltströmung zwischen dem rotierenden Laufrad und dem Gehäuse, die aus Fertigungsgründen unvermeidbar ist. Mit CFD können der Einfluss der Spalthöhe quantitativ und durch entsprechende Stromlinienplots die Spaltwirbel auch qualitativ analysiert werden.
Beide Beispiele zeigen einen großen Vorteil der numerischen CFD-Simulation: Auch messtechnisch schwer zugängliche Bereiche können detailliert untersucht werden.
Einfluss des Laufradschaufelspalts auf die Strömung im Schaufelkanal bei unterschiedlichen Betriebspunkten | © Hochschule Coburg
Ein Beitrag zum Klimaschutz
Mit Hilfe von Prototypen eines Industriepartners wurde das neue Auslegungs- und Optimierungsverfahren validiert. „Als Handmuster hat mir das Institut für Prototypen- und Modelltechnik der Hochschule Coburg Ventilatoren im 3D-Druckverfahren erstellt“, ergänzt der Dr. Manuel Fritsche. Als Ergebnis seiner Forschung können Axialventilatoren nun mit nennenswerten Wirkungsgradsteigerungen und optimiertem Betriebsverhalten ausgelegt werden – ein Beitrag zur Umsetzung der verschärften EU-Richtlinie.
Da auch die Fertigungsverfahren von Ventilatorschaufeln immer flexibler werden, hat die Umgestaltung der Bauteile kaum Nachteile auf die Herstellungskosten. Denn gerade für Laufräder, die additiv oder über Spritzgussverfahren hergestellt werden, sind 3D-geformte Schaufelformen ohne Probleme möglich. Und so kann die von Dr. Manuel Fritsche entwickelte Strategie überall dort, wo große Lüftungsanlagen eingesetzt werden, die Energieeffizienz von Ventilatoren verbessern. Und das trifft wiederum den eigentlichen Kern der manchmal sperrigen Verordnungen der EU: Es ist ein Beitrag zum Klimaschutz.
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CFD-Berechnung von Strömungsmaschinen
Lernen Sie die praktische Anwendung der Ansys TurboSystem-Werkzeuge für Auslegung, Berechnung und Optimierung von Radial- und Axialmaschinen.
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