Wie WAGO mit Reduced Order Models Simulationsprozesse vereinfacht
Alexander Kunz
28.10.2025
ROMs entlasten Ingenieure und liefern schnelle Simulationsergebnisse
Sind bei 3D-FEM-Modellen mit 1 Million Freiheitsgraden nur wenige Informationen relevant, können sie in kleine Reduced Order Models, ROMs exportiert werden. Das spart viel Zeit. Wie dies in Ansys geht, zeigt ein Beispiel von WAGO, bei dem viele Seiten profitieren: Simulationsingenieure und Vertrieb von WAGO werden enorm entlastet, weil Kunden Steckverbinder selbst durch thermo-elektrische Simulationen bewerten.
© WAGO
„Wir hatten die Herausforderung, dass sich unsere kleine Simulationsabteilung neben der Produktentwicklung verstärkt mit Anfragen von Kunden und Kollegen aus Vertrieb und Produktmanagement beschäftigen musste“, beschreibt Wilhelm Rust, Simulationsingenieur bei WAGO, den Auslöser eines wegweisenden Projektes. Denn auch interne Simulation-as-a-Service-Leistungen basieren auf großen 3D-FEM-Modellen und sind entsprechend rechenintensiv. Zwei Wochen Bearbeitungszeit kamen da schnell zusammen.
Die Lösung in drei Schritten:
- Dem Simulationsteam war klar, wo es ansetzen muss: An den Modellgrößen. Weil es auch wusste, welche sehr ähnlichen Fragestellungen viele Kunden haben, wird heute aus jedem fertigen 3D-FEM-Modell ein reduziertes Modell mit den kundenrelevanten elektro-thermischen Eigenschaften exportiert.
- Dieses kann unkompliziert für die thermo-elektrische Evaluierung der Stecker und Klemmen eingesetzt werden – vom Produktmanager, vom technischen Support oder vom Kunden selbst. Vorhandenes Simulationswissen wird so an anderer Stelle im Produktlebenszyklus genutzt: An der Schnittstelle zur individuellen Kundenanwendung.
- Das WAGO-Team dachte noch einen Schritt weiter: Das Modell wurde weiter automatisiert, trainiert und online im E-Shop integriert. Heute können Kunden völlig autonom, 24/7 und mit wenigen Klicks die Eignung der Bauteile überprüfen.
Detailbetrachtung: Ansys-Modelle im Webshop - wie geht das?
So einfach und intuitiv die Ansys-Modelle heute online genutzt werden können – ihr Weg aus der Berechnungsabteilung in den E-Shop war steinig. Denn mit dem Projekt betrat WAGO Neuland, sowohl intern als auch in der Branche. „Wir sind explorativ gestartet,“ beschreibt Wilhelm Rust das Vorgehen, „wir wussten anfangs eigentlich gar nicht, wie alles ablaufen wird.“

3D FEM-Modell eines Steckverbinders in WAGO: Detailliert, aber groß und rechenintensiv. | © WAGO
Wie wird aus einem 3D-FEM-Modell ein 1D Reduced Order Model?
Für die Simulationsspezialisten ging es vor allem darum, wie sie aus dem 3D-FEM-Modell ein geeignetes reduziertes exportieren. Im Austausch mit CADFEM kristallisierte sich die Spezialsoftware „Model Reduction inside Ansys“ samt Schulung, Einweisung und Support als die Lösung heraus, die WAGO weiterhilft.
MOR inside Ansys kennenlernen und kostenlos testen
Skalierbare Reduzierung komplexer 3D-FEM-Modelle mit Model Reduction inside Ansys.
Welche Rolle spielt CADFEMs MORiA bei der Erstellung thermoelektrischer Reduced Order Models?
Model Reduction inside Ansys („MORiA“) eignet sich besonders für thermische, mechanische und thermomechanische Fragestellungen. MORiA, das von CADFEM in Kooperation mit dem Steinbeis Transferzentrum Niedersachsen entwickelt wurde, nutzt die hocheffiziente Krylov-basierte Modellordnungsreduktion in Verbindung mit einem Reduktionsansatz aus der Elektrotechnik, der die Ein- und Ausgänge des Systems nutzt und deren Verhältnis, die Übertragungsfunktion, aufgreift. Mit MORiA können so die üblichen 1 Million Freiheitsgrade von thermomechanischen, thermoelektrischen oder piezoelektrischen Modellen in Ansys Mechanical automatisiert auf die entscheidenden 100 reduziert und in Systemsimulationen genutzt werden. Über einen APDL-Workflow behält der Anwender die volle Kontrolle bei der Reduktion.

Reduced Order Model der für die Konnektivität entscheidenden elektrisch-thermischen Eigenschaften. | © WAGO
Über den mit CADFEM entwickelten Workflow hat MORiA bei WAGO heute einen festen Platz im Entwicklungsprozess der Steckverbinder und Klemmen. „Durch den abschließenden Export der für die Kunden relevanten Parameter in ein 1D ROM können wir Kunden unmittelbar und mit wenig Aufwand an den Ergebnissen unserer Arbeit teilhaben lassen,“ sagt Wilhelm Rust. Da ROM-Modelle keine Rückschlüsse auf die ursprünglichen vollständigen Modelle zulassen, gibt es dabei keine Einschränkung hinsichtlich IP- und Datenschutzfragen.
Welche thermischen Eigenschaften sind für die Reduced Order Models bei WAGO entscheidend?
Zurück zum Anwendungsfall: Für die WAGO-Kunden ist die die thermische Erwärmung der elektrischen Steckverbinder und Leiterplattenklemmen wichtig. Sie muss unter den in ihren Systemen wirkenden spezifischen dynamischen Lastprofilen, d.h. Strom und Umgebungstemperatur, unter definierten Grenzwerten liegen und dies in einem möglichst kleinen Bauraum. Folglich enthält das jeweilige ROM die dafür entscheidenden Informationen.
Mit Ansys TwinBuilder und Machine Learning zur intuitiven Lösung
Mit Ansys TwinBuilder wird das ROM in einen Gesamtkontext implementiert, d.h. es werden in kurzer Zeit eine große Anzahl an dynamischen Lastprofilen simuliert. Damit können händisch bereits viele verschiedene Bestromungsmengen und wechselnde Umgebungstemperaturen betrachtet werden.
Noch komfortabler ist es für Kunden, wenn sie die Eignung der WAGO-Produkte jederzeit eigenständig und schnell überprüfen können. „Umso mehr,“ weiß Wilhelm Rust, „weil es Komponenten sind, die bei elektrischen Systemen nicht die Hauptrolle spielen. Wer eine Wallbox oder einen Wechselrichter konfigurieren will, möchte sich nicht ewig mit dem Leiteranschluss beschäftigen“.
Damit die Modelle auch online im E-Shop von Kunden zur Evaluierung und Identifikation des geeigneten Produktes genutzt werden können, wurden sie durch Machine Learning trainiert. WAGO ist mit 10 Produkten gestartet. „Wir waren wir in der Lage, für diese Produkte in verschiedenen Varianten insgesamt 20.000 Datensätze zu erzeugen. Das ist eine sehr gute Grundlage für ein Training des neuronalen Netzes, aus dem wir bereits weitere Varianten herauszuziehen konnten“, erklärt Wilhelm Rust diesen vermeintlich letzten Schritt.
Durch den Export der relevanten Parameter in ein 1D ROM lassen wir Kunden unmittelbar und mit wenig Aufwand an den Ergebnissen unserer Arbeit teilhaben.
Wie wurden die Reduced Order Models für den E-Shop integriert?
„Vermeintlich“, denn auch mit den trainierten Modellen war man noch nicht ganz am Ziel. Wilhelm Rust: „Wenn man das Machine-Learning-Modell aufwändig für eine Online-Nutzung entwickelt und trainiert hat, muss es natürlich auch bereitgestellt werden. Das bedeutet: Die IT muss das Ganze prüfen und auf ihren Systemen einbinden. Und dann kommt die Website: Design, Datenpflege – das alles unterschätzt man als Ingenieur.“
Im Frühjahr 2025 ist das Portal mit dem E-Shop schließlich mit den 10 Produkten aus der ersten Phase freigeschaltet worden. Weitere werden zügig folgen, denn WAGO hat nun einen funktionierenden Workflow. In der Branche hat WAGO damit ein Alleinstellungsmerkmal und ist gespannt auf die Resonanz aus dem Markt. Wilhelm Rust: „Es muss sich jetzt in die Planungsprozesse unserer Kunden integrieren. Die waren Datenblätter gewohnt, aber wir sind sehr optimistisch, dass sich die neue Möglichkeit, die letztendlich von uns Simulationsingenieuren initiiert wurde und auch uns sehr entlastet, etabliert.“

Simulationen auf Basis der Reduced Order Models der Produkte im E-Shop von WAGO erleichtern dem Kunden Konfiguration und Auswahl. | © WAGO
„CADFEM trifft … Dr. Wilhelm Rust.“ Der Berechnungsingenieur von WAGO gibt im Gespräch mit CADFEM Mitarbeiter Patrick Lorenz viele weitere Einblicke und Hintergrundinformationen in dieses Projekt.
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