Lüfterberechnung? „Fan“-tastisch! Ab in die „Fan-Kurve“.

Die Belüftung von großen und kleinen Räumen, sowie die Auslegung der dafür notwendigen Apparate und deren Zu- und Ableitungen stellen den Ingenieur vor ein komplexes Problem. Es macht einen Unterschied, ob der Hinterkantenwinkel variiert werden oder ob die Rauchableitung in einer Tiefgararge im Brandfall sichergestellt werden soll. Entscheidend ist der notwendige Detailgrad für die vorliegende Aufgabe. Was macht der Lüfter und was bedeutet das für meine Aufgabe? Lesen Sie hier nun, wie man sich auf dieser Landkarte zurechtfindet.

„Alle Modelle sind falsch, aber einige sehr nützlich.“

Wie so oft in der Simulationswelt, können bestimmte Effekte errechnet werden, oder es existiert ein „Modell“, um die gewünschten Effekte abzubilden. Das Modell ist eine Art Blackbox, die für den gegebenen Fall eine Abkürzung darstellt, um z.B. Rechenleistung zu sparen und so mit vertretbarem Aufwand zu einer Ingenieursmässig sinnvollen Aussage zu gelangen. Schauen wir zunächst auf 3 Szenarien:

  1. Welchen Lüfter braucht es, um die bereits vorhandene Rauchgasentstickung zu betreiben? Für die Entstickung muss ein Laufrad verwendet werden, dass mit den gegebenen Prozessparametern (Wärme, Druck, Feuchte, …) umgehen kann; die Geometrie des Laufrades steht zur Diskussion und lokale Effekte sind relevant. siehe Modell: Passage.

  2. Welchen Lüfter braucht ein Gehäuse, um die darin befindliche Wechsel- und Schaltelektronik ausreichend und effizient zu kühlen? Die Beschaffbarkeit des Lüfters ist entscheidend; es soll ein „Zukaufteil“ abgebildet und platziert werden. Das Systemverhalten und die sogenannte „Lüfterkennlinie“ sind von Bedeutung; lokale Effekte sind relevant, um z.B. Hot Spots zu verhindern. siehe Modell: 3D Fan Zone.

  3. Welche Gebläse müssen an welcher Stelle in einer Tiefgaragen- oder Tunneldecke platziert werden, um z.B. im Brandfall die Rauchableitung sicherzustellen? Entscheidend ist hierbei, den „Verdrängungs-Effekt“ der Lüfter abzubilden, um die Rauchgasverteilung vorherzusagen. Die lokalen Effekte am Lüfter selbst spielen keine Rolle, relevant ist allein die „Wirkung des Lüfters“ auf seine Umgebung. siehe Modell: 2D Fan Zone.

Stellen wir uns also vor, dass wir zwei Räume A und B haben, die oben über einen Lüfter und unten über einige Kanäle miteinander verbunden sind. Die Frage ist nun, welche Ergebnisse unsere Lüftermodelle bei gegebener Drehzahl für diesen exemplarischen Fall liefern.

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Bild 1a: Exemplarischer Lüfter inklusive Ansaug- und Nachlaufbereich, verbaut zwischen den „Räumen“ A und B | © CADFEM

 

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Bild 1b: Laufrad mit den Modellvolumina für Passage, 3D und 2D Fan Zone | © CADFEM

Lüfterberechnung mit einer Passage

Stellt man sich einen Lüfter vor, so kann man ausgehend von der Anzahl an „Blättern“ für viele Anwendungsfälle im „rotierenden Fluidbereich“ eine sich wiederholende Geometrie ausmachen – die sogenannte Passage. Hat man diese Geometrie zur Verfügung, so kann man ausgehend von der Rotordrehzahl in einer stationären Simulation diesen Lüfter nutzen, um z.B. die Interaktion mit eine Gesamtanlage vollständig mit allen gewünschten Effekten zu berechnen. Die Kernidee ist, dass sich die Passage über den Umfang wiederholt, die ruhende Umgebung also ein „Vielfaches“ dieser Passage sieht (siehe Bild 2). Anstelle der 360°-Geometrie wird nur ein Sektor mit periodischen Rändern verwendet.

Am Übergang vom stehenden ins drehende System wird ein sog. General Turbo Interface (GTI) verwendet, sodass die rotierende Zone mit der stehenden kommunizieren kann; die einzige direkte Eingabe ist die Drehzahl. Alle entstehenden Effekte aus der Laufradrotation werden vollständig errechnet. So werden beispielsweise das tatsächliche Ansaugverhalten, die Beschleunigung über die Passage und der drallbehaftete Nachlauf vollständig abgebildet. Auf diese Weise können detaillierte Untersuchungen der Schaufelumströmung und des Nachlaufs durchgeführt und entsprechende Verbesserungen an der Schaufelkontur, dem Schaufelwinkel oder dem Schaufelfuß abgeleitet werden.

Der hohe Detailgrad, den das GTI bietet, kommt zu einem gewissen Preis. Die notwendige Auflösung der Schaufelgeometrie und der allgemeine Berechnungsverlauf stellen erhöhte Anforderungen an die Rechenressourcen und die Rechendauer. Außerdem muss die Geometrie des Laufrades vorliegen, was speziell bei Zukaufteilen nicht immer gegeben ist.

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Bild 2: Fluent im Turbo Mode gestattet es, die Einzel-Passage sinnvoll und korrekt an das Fernfeld (Raum A und B) anzuschließen | © CADFEM

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Bild 2b: Einzel-Passage mit periodischen Rändern; angedeutet ist das Vollmodel des ursprünglichen "vollen" Lüfterrades | © CADFEM

Des Lüfters Kern – Die 3D Fan Zone

Stellt man sich den überstrichenen Bereich der Laufradschaufeln als einen Donut vor (Bild 3, rechts), so stellt man fest, dass die Strömung in diesem Bereich entsprechend Drehrichtung und Laufradgeometrie durch den Lüfter eine Beschleunigung erfährt. Gedanklich können wir also den Lüfter mit einer Impulsquelle ersetzen, die innerhalb des Donut-Bereichs liegt. Die sog. 3D Fan Zone greift genau diesen Gedanken auf und übersetzt gewisse Lüfterkenngrößen in die passenden Impulsquelltherme in Radial-, Tangential- und Umfangsrichtung. Die 3D Fan Zone ist somit in der Lage, den Beitrag eines Lüfters auf das umgebende Fluid wiederzugeben; dabei bildet sie auch den stromab auftretenden Drall ab.

Notwendige Eingaben sind die lokalen Koordinaten des „Lüfters“, die prinzipiellen Laufradabmessungen und die Lüftereintrittsfläche. Mit der 3D Fan Zone ist schon vieles richtig gemacht und es können diverse Szenarien korrekt abgebildet und untersucht werden: Unterschiedliche Drehzahlen, das Anfahrverhalten und die Nachlaufinteraktion. So können beispielsweise mehrere Lüfter als Ensemble miteinander interagieren und die jeweiligen Lüfternachläufe sind detailliert abbildbar (z.B. keine Strömung im Nabenbereich). Grundlegendes über den Rotor muss bekannt sein aber eben nicht geometrisch aufgelöst werden.

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Bild 3: Das überstrichene Lüftervolumen in blau und die Zoneneinstellung für die 3D Fan Zone. | © CADFEM

Aus 3 mach 2- Die 2D Fan Zone

Geht man nun noch den finalen Schritt und ist an der lokalen Verteilung im Inneren des Lüfters überhaupt nicht interessiert, so ist allein der Umstand relevant, dass über den Lüftereintritt zu dessen Austritt hin etwas geschehen ist – der Druck hat sich erhöht. Diese endgültige Simplifikation erfordert es, dass ggf. der Drall aus dem Lüfter explizit oder in Form von Koeffizienten angegeben wird. Auch hier kann anstelle eines konstanten Drucksprunges (axiale Richtung) eine Kennlinie vorgegeben werden. Was es braucht, ist eine Scheibe an Stelle des Lüfterrads und die gewünschte Druckerhöhung (siehe Bild 4).

Gedanklich ist das ein „interner“ Schnitt durch das Berechnungsgebiet, bei dem wir die über diese besagten Kontrollflächen fließenden Medienströme manipulieren, indem wir den benötigten Impuls direkt aufprägen. In Analogie zur 3D Fan Zone befinden sich die Quellen nun auf einer Fläche und sind nicht mehr im Raum verteilt. Wir verheiraten einen Druck-Auslass direkt wieder mit einem Druck-Einlass – an derselben Stelle.

Platzieren wir diese 2D Fan Zone nun am Rand unseres Berechnungsgebietes, so erhalten wir die entsprechenden Randbedingungen intake fan und exhaust fan. Auch hier können jeweils Lüfterkennlinien vorgegeben und so beispielsweise Gehäuse oder Lüftungsanlagen ausgelegt werden.

Fan-Fact: Die in diesem Abschnitt beschrieben Lüfterrandbedingungen für Ein- und Auslasslüfter sind ebenso in Ansys Discovery verfügbar und dort bereits mit einer umfangreichen Herstellerliste an Lüfterkennlinien versehen. Dieses Kompendium kann also genutzt werden, um z.B. bei gegebener Aufgabe und Geometrie einen geeigneten Serien-Lüfter auszuwählen.

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Bild 4: Die 2D Fan Zone als Randbedingung. Die gewählte Fläche muss einen Schnitt im Berechnungsgebiet darstellen, daher also mit dem Typ internal vernetzt/importiert werden. | © CADFEM

Voll 3D oder doch geschnitten?

Wie in Bild 5 gut zu erkennen, sind die Einflüsse anhand des gewählten Lüfter-Modells zum Teil deutlich aber eben lokal. So schmiegt sich die Strömung im Falle der Passage im Nachlauf deutlich an die Wand an, im Fall der 3D Fan Zone nicht; hier kommt es an der Abrisskante zu einer Ablösung. Im Falle der 2D Fan Zone schmiegt sich die Strömung aufgrund der gewählten Tangential- und Radialgeschwindigkeiten wieder an die Wand an. In allen Fällen ist jedoch die Zuströmung in ihrer Ausprägung ähnlich. Fazit zur „konstruierten“ Lüftergeometrie: Eine Welle mit Brettern fördert Luft, nur eben nicht besonders effizient. Hier ist noch Potential nach oben.

Was machen Sie bei Ihrem nächsten Lüfter? Wählen Sie direkt aus der Herstellerliste einen passenden Lüfter aus und berechnen mit Ansys Fluent oder Ansys Discovery über die 2D Fan Zone die lokalen Strömungs- und Temperatureinflüsse? Oder berechnen Sie für eine parametrische Laufradgeometrie die entsprechende Performance und Strömungsführung in Ihrem Gesamtsystem, inklusive aller Einbauten und Leitorgane? Als Passage oder als Gesamtlaufrad in einer transienten Simulation?

Noch nicht ganz „Fan“? Lassen Sie sich Ansys Discovery für Ihre Lüftungsanlage direkt vorstellen.

The 2D Fan Zone as a boundary condition.

Bild 5: Vergleich der lokalen Strömungsverteilung nahe dem Lüfter (0.0 - 2.0 m/s, 500 RPM). Für die 2D und 3D Fan Zone wurden die Abmessungen, sowie der Druckaufbau aus der Passage angenähert. | © CADFEM

Das Seminar zum Thema

Autor

Dr.-Ing. Matthias Voß

Business Development Manager CFD

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mvoss@cadfem.de

Redaktion

Dr.-Ing. Marold Moosrainer

Head of Professional Development

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