Vernetzungsstrategien für Explizite Simulationen

Anhand einer Droptest Simulation möchten wir Ihnen zeigen, dass es nicht immer nötig ist, Ihr CAD-Modell zeitaufwändig zu defeaturen, denn Ansys bietet effiziente Vernetzungsstrategien für explizite Simulationen. Wenn auch oft aus historischen Gründen verpönt, können Tetraeder-Elemente und im speziellen auch quadratische Tetraeder-Elemente die Lösung bei dünnwandigen, komplexen Bauteilen sein. Gerade für Einsteiger, in die explizite Simulation, empfehlen wir den sicheren Weg über quadratische Elemente, globale Vernetzungseinstellungen und automatisches Mesh-Defeaturing.

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Impact auf ein Armaturenbrett | © CADFEM Germany GmbH / Getty Images 

Integration der Bewegungsgleichung und Wahl des Elementtypes

Sicherlich wissen Sie, dass es unterschiedliche Verfahren zur Lösung der Bewegungsgleichung gibt. Dabei weiß doch jeder, dass „implizit“ für lineare Dynamik und „explizit“ für nichtlineare Shock- und Crashanalysen verwendet wird? Nun ja, Fakt ist, dass bei impliziten Verfahren der Zeitschritt groß gewählt werden darf und sie ihre Schnelligkeit deswegen im niederfrequenten Bereich ausspielen. Explizite Analysen bedürfen von Natur aus eines sehr kleines Zeitschrittes, so dass eine Welle in einem Zeitschritt nicht weiter als ein Element wandern kann. Auf Grund der Formulierung entfällt allerdings eine iterative Gleichungslösung, so dass es nahezu unerheblich ist, ob das Problem linear oder nichtlinear formuliert ist. Deswegen spielen explizite Solver ihre Stärke im hochfrequenten Bereich aus und die Nichtlinearitäten bekommen wir quasi geschenkt. Beide Solver können aber grundsätzlich alle Anwendungen lösen.

Bei den verwendeten Elementtypen hören Sie wahrscheinlich ähnlich viele „Mythen“. So zum Beispiel ist es gängige Praxis Modelle stark zu vereinfachen, um diese dann durch spezielle Techniken mit Hexaedern vernetzen zu können. Dabei werden in der Regel viele Stunden Ingenieurszeit verwendet, um in den Genuss schneller Rechenzeiten zu kommen. Müssen dann doch einmal Tetraeder verwendet werden, scheut der LS-DYNA-Anwender das quadratische Element, denn dieses würde unseren Zeitschritt noch einmal halbieren und unsere Rechenzeit allein deswegen schon verdoppeln.

Und warum haben wir das schon immer so gemacht? Weil es die Zeiten erfordert haben! In den Anfängen der (expliziten) Simulation, wurde mittels Lochkarten auf Crays simuliert und Ergebnisse auf Magnetbändern gespeichert. Zu dieser Zeit war Ingenieurszeit günstiger als Simulationszeit und Speicherplatz war ein teures Gut. Heutzutage steht die explizite Simulation einer breiten Masse an Ingenieuren zur Verfügung. Unsere Modelle, z.B. komplexe Spritzgussbauteile, lassen sich nur mit enormem Aufwand vereinfachen. Das heißt, dass effiziente Simulation heutzutage auch bedeuten kann, Modelle weniger vorzubereiten. Zu dieser Strategie gehören dann leistungsfähige Vernetzer mit vielen praktikablen Defaults und Automatismen aber auch Tetraeder mit quadratischen Ansatzfunktionen. Ich möchte in diesem Artikel, anhand eines einfach nachzuvollziehenden Beispiels, sinnvolle Vernetzungsstrategien aufzeigen und das Bewusstsein für den richtigen Elementtyp schaffen.

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Vernetzung verschiedener Komplexitätsstufen | © CADFEM Germany GmbH

Was wir über Drop Test und Impact Simulation wissen sollten

Bei einem Droptest wird ein Gegenstand aus einer bestimmten Höhe fallen gelassen, um die Auswirkungen des Falls zu untersuchen und sicherzustellen, dass der Gegenstand den Belastungen standhält. Ein Falltest dient also dazu, die Sicherheit und Zuverlässigkeit eines Produkts zu überprüfen und mögliche Verbesserungen an der Konstruktion oder den Materialien vorzunehmen. Manchmal wird hingegen das Bauteil eingespannt und ein Probekörper fallengelassen. Diese Art von (umgekehrten) Droptest führt zu einer hohen Reproduzierbarkeit und somit Vergleichbarkeit des Versuchs. Über Masse und Geschwindigkeit des Impactors kann die eingebrachte Energie genauestens gesteuert werden. Im Automobilbereich könnte so zum Beispiel ein Kopfaufschlag abgebildet werden.

Eine Impact-Simulation basiert auf wenigen, einfachen Modellierungen. Das Bauteil oder die zu untersuchende Baugruppe sind in der Regel fest eingespannt. Vorsicht: stellen Sie sich die Frage, ob dies zulässig ist? Der Impactor wird in der Regel als Starrkörper modelliert und bekommt eine Anfangsgeschwindigkeit. Denken Sie daran, dass der Fall nicht simuliert werden muss, sondern durch eine initiale Geschwindigkeit ersetzt werden kann. Diese kann einfach wie folgt, aus der Energiebilanz, berechnet werden:

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Sie können sich also merken, dass bei einer Fallhöhe von h=1m ein v0=4.429 m/s entsteht. Zuletzt müssen Sie sich noch für die richtige Endzeit entscheiden. In unserem Beispiel waren 20ms ausreichend. Dies ist aber stark abhängig von der Steifigkeit der Struktur sowie der Energie des Impactors.

Zu guter Letzt noch eine kurze Anmerkung zur Netzfeinheit. Oft geht es um das reine Verformungsverhalten der Struktur sowie die (Festhalte-) Kräfte. Dann sollte ein eher grobes Netz ausreichen und muss allein die Steifigkeit und das Schwingungsverhalten abbilden können. Sollten Spannungen oder zum Beispiel plastische Dehnungen eine gewichtige Rolle spielen, muss zusätzlich lokal verfeinert werden. Die Ergebnisgrößen sind von Anwendungsfall zu Anwendungsfall unterschiedlich und hängen von Ihrer konkreten Fragestellung an die Simulation ab. Kommt es zu einem „Ausclipsen“ der Festhaltungen oder reißen Pins von der Struktur ab? ...

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Modellaufbau eines Impacts | © CADFEM Germany GmbH / Modell: Grabcad

Die passende Vernetzung für explizite Simulationen in Ansys LS-DYNA

Wenn Sie sich mit expliziten Simulationen befassen, werden Sie feststellen, dass einige Dinge anders sind. So zum Beispiel bedeutet im Ansys LS-DYNA ein quadratischer Verschiebungsansatz nicht zwangsläufig Elemente mit Mittenknoten. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Elementen, die für sehr bestimmte Lastszenarien auf Schnelligkeit getrimmt wurden. Haben Sie schon einmal von Massenskalierung in FE-Modellen gehört? Da sich der Rechen-Zeitschritt im Modell am kleinsten Element orientiert wird über eine lokale Erhöhung der Dichte die Schallgeschwindigkeit minimiert und somit der erlaubte Zeitschritt maximiert. Zu guter Letzt ist wichtig zu verstehen, dass explizite Vernetzung mehr als nur das reine Vernetzen bedeutet und einen iterativen Prozess darstellt. Der Anwender muss ein effizientes Gleichgewicht zwischen Vernetzungsaufwand, Massenskalierung, benötigter Ergebnisgüte und Rechenzeit herstellen.

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Vernetzungsworkflow bei expliziten Analysen | © CADFEM Germany GmbH 

Für mich hat sich der folgende Weg recht gut bewährt. Ich starte mit einem groben Netz und bringe das Modell „zum Laufen“. An diesem Modell kann ich die Endzeit einstellen und auch die Randbedingungen prüfen. Habe ich ein stabiles Modell kann ich das Netz so weit verfeinern, dass das Verschiebungsfeld und das Schwingungsverhalten richtig abgebildet werden. Zuletzt verfeinere ich lokale Stellen für bessere Auflösung der lokalen Steifigkeit oder für lokale Auswertung der Spannungen und Dehnungen. Das erste Netz passe ich an Geometrie und Numerik an und halte mich an folgende Erfahrungswerte. Ein Seitenverhältnis von 1-3 bis maximal 1-5 sollte nicht überschritten werden. Bei dünnwandigen Bauteilen reicht in der Regel 1 Element über die Dicke, quadratische Elemente sind empfehlenswert (Tet4 oder Tet16).

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Bewährte Globale Einstellungen | © CADFEM Germany GmbH 

Habe auch ich vor 10-15 Jahren, als ich mit expliziten Simulationen begonnen habe, Stunden und Tage damit zugebracht Geometrien zu vereinfachen, Radien zu entfernen und Bauteile zu zerschneiden, um schnelle Hexaeder-Netze zu erzeugen, so verfolge ich heutzutage oft einen anderen für mich viel pragmatischeren Ansatz. Ein gutes Tetraeder-Netz rechnet zwar länger als ein gleichwertiges Hexaeder-Netz, ist in der Regel aber einfacher und schneller zu erzeugen und steht in der Ergebnisgüte dem Hexaeder in nichts nach. Zusätzlich lassen sich Tetraeder auf komplexeste Geometrien anwenden und oft reichen globalen Einstellungen aus, um das gesamte Netz zu steuern. Weiterhin bin ich kein Freund davon schnell, aber „ungenau“ zum Ziel zu kommen. Lieber lasse ich das Modell mit quadratischen Elementen etwas länger laufen kann aber auf eine bessere Ergebnisgüte bauen.

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Crash, Fall, Umformung: Simulation hochgradig nichtlinearer Aufgaben

LS-DYNA eignet sich für Simulationen von nichtlinearen Vorgängen mit großen Verformungen, Stabilitätsproblemen und komplexesten Kontaktsituationen

Mehr über die Software erfahren

Impact Simulation eines Fahrzeug Armaturenbrettes

Als Beispiel schauen wir uns im Folgenden einen Impact auf ein Fahrzeug Armaturenbrett an. Die Masse 1kg fällt aus einem Meter Höhe auf eine rechte „weiche“ und nachgiebige Stelle, so dass wir einen biegedominanten Lastfall erzeugen. Als Ergebnis ziehen wir die Verschiebung des Impactor heran. Vernetzt ist die Struktur mit den zuvor gezeigten Default-Einstellungen mit ~420.000 Tetraeder-Elementen.

Verglichen werden 4 Elementtypen:

  • Tet10: linear, Default 
    Schnelles aber sehr steifes Element, sollte nur für Materialien mit niedriger Poisson-Zahl verwendet werden.
  • Tet13: linear, zusätzlicher Druck Freiheitsgrad
    Geeignet für Materialien mit höherer Poisson-Zahl (hyperelastisch oder Plastizität)

  • Tet4: quadratisch, ohne Mittenknoten, zusätzlicher Rotationsfreiheitsgrad
    Empfohlen für dünnwandige Strukturen

  • Tet16: quadratisch, mit Mittenknoten

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Lineare und quadratische Tetraeder im LS-DYNA | © CADFEM Germany GmbH

Der Unterschied in den Elementformulierungen ist im Diagramm klar erkennbar. Mit gut 30% Abweichung, im Verschiebungsverhalten des Impactors, trennt das minderwertige Tet10 vom hochwertigen Tet16. Das (quasi) quadratische Tet4 schlägt sich ebenfalls recht gut, aber Abweichungen sind sichtbar. Tet10 und Tet13 liefern ähnliche Ergebnisse, wobei Tet13 für Szenarien mit Querkontraktionszahlen nahe 0.5 (Hyperelastizität oder Plastizität) konzipiert ist. Der zusätzliche Freiheitsgrad für den hydrostatischen Druck bietet hier im biegedominanten Lastfall also kaum Vorteile. Bei gleichem Netz für Tet10, Tet13 und Tet4 und gleicher Knotenanzahl für Tet16 ergeben sich folgende Rechenzeitunterschiede (bezogen auf Tet10): 1.6 für Tet13, 1.75 für Tet4 und 9 für Tet16. Da Tet16 mehr Stützstellen besitzt, dürfen wir doppelt so grob vernetzen, was zu einem Faktor von nur noch ~5 führt.

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Verschiebungsfeld Armaturenträger | © CADFEM Germany GmbH

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Vergleich der verschiedenen Elementtypen | © CADFEM Germany GmbH / Modell Grabcad

Natürlich können Sie auch mit Tet10 gute Ergebnisse erzielen. Nur müssen Sie dafür leider extrem fein vernetzen. In unserem Beispiel mit 3 Elementen über die Dicke landen wir bei 30 mal so viel Elementen wie zuvor!

Fazit: Tet10, das standardmäßige Tetraeder-Element, rechnet am schnellsten, hat aber die größten Abweichungen. Tet13 und Tet4, beide mit speziellen Eigenschaften, sind für bestimmte Belastungsszenarien geeignet und bieten einen Kompromiss zwischen Rechenzeit und Ergebnisgüte. Der Nutzer muss aber wissen, welches Element für welches Szenario geeignet ist. Tet16 rechnet länger, liefert aber die besten Ergebnisse. Vergessen Sie nicht, dass Sie auch gröber vernetzen dürften, bei gleichbleibender Ergebnisgüte.

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Netzstudie zum Tet10 und Tet16 | © CADFEM Germany GmbH / Modell Grabcad

Zusammenfassung und Empfehlung

Sind Sie ein Ansys Mechanical-Nutzer, der erste Schritte in Richtung explizite Simulationen unternimmt? Arbeiten Sie mit komplexen, eventuell dünnwandigen Bauteilen? Dann könnten die folgenden Punkte hilfreich für Sie sein. Die Vernetzung für explizite Simulationen ist oft ein iterativer Prozess. Wie in anderen Simulationsarten muss eine geeignete Netzdichte festgelegt werden, um die gewünschten Ergebnisse in der gewünschten Genauigkeit zu erzielen. 

Zusätzlich müssen Zeitschrittproblematik und Massenskalierung berücksichtigt werden, um Stabilität und Effizienz zu gewährleisten. Tetraeder-Netze lassen sich in der Regel mit wenigen globalen Einstellungen erzeugen, und Defeaturing kann durch den Vernetzer ohne großen Aufwand erfolgen (mesh defeaturing).

Bei dünnwandigen Bauteilen sollten quadratische Elemente verwendet werden. Da die standardmäßigen linearen Tetraeder-Elemente in LS-DYNA auf Schnelligkeit und nicht auf Genauigkeit ausgelegt sind, sollten Benutzer auf quadratische Elemente umsteigen. 

Elemente ohne Mittenknoten, aber mit zusätzlichen Freiheitsgraden (Tet4), können einen Kompromiss zwischen Schnelligkeit und Genauigkeit bieten. Diese Empfehlungen zielen darauf ab, die Effizienz und Genauigkeit Ihrer Simulationen zu verbessern und Ihnen zu helfen, die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, ohne die Stabilität und Effizienz der Simulation zu beeinträchtigen. Durch die Verwendung der richtigen Elemente und Vernetzungsmethoden können Sie sicherstellen, dass Ihre Simulationen sowohl schnell als auch präzise sind. 

Anwender mit langjähriger Erfahrung sollten ihre etablierten Workflows und Herangehensweisen regelmäßig überprüfen. Mit der Zeit ändern sich CAD-Modelle und Hardwareleistungen. Ist es heute noch sinnvoll, x-Tage Ingenieurszeit in Defeaturing und in die Erstellung von Hexaeder-Netzen zu investieren, wenn gute Tetraeder-Netze nahezu per Knopfdruck erzeugt, werden können? Wenn Genauigkeit im Vordergrund steht, warum meiden wir quadratische Elemente? Richtig aufbereitet und gezielt eingesetzt, liefern sie genauere Vorhersagen, auch wenn sie mehr Simulationszeit erfordern. Es lohnt sich, die eigenen Methoden zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen, um von den Fortschritten in der Simulationstechnologie zu profitieren.

Das Seminar zum Thema

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Autor

Oliver Siegemund

Business Development Manager

+49 (0)8092 7005-723
osiegemund@cadfem.de

Redakteur

Dr.-Ing. Hendrik Donner

CAE Engineer

+49 (0)8092 7005-725
hdonner@cadfem.de

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Technische Redaktion

Dr.-Ing. Marold Moosrainer

Head of Professional Development

+49 (0)8092 7005-45
mmoosrainer@cadfem.de