Automatisierte Transformatorentwicklung mit PyAEDT: Einblicke von Hitachi Energy

Irene Woyna von Hitachi Energy erklärt, wie ihr Team PyAEDT nutzt, um multiphysikalische Workflows in der Transformatorentwicklung zu automatisieren. PyAEDT ist eine Python-Clientbibliothek, die direkt mit der API des Ansys Electronics Desktop (AEDT) interagiert. Durch die Integration elektromagnetischer, thermischer und struktureller Simulationen werden Variabilität reduziert und Effizienz gesteigert.

Irene, Sie sprechen auf der CADFEM Conference über den Export der Verlustverteilung von Transformatoren mit PyAEDT. Können Sie uns einen kurzen Überblick zu Ihrer Präsentation geben?

Ich zeige auf, wie wir unsere Produktentwicklung mit PyAEDT optimieren, indem wir multiphysikalische Workflows automatisieren. Das Hauptziel bei der Entwicklung unserer Transformatoren ist es, den gesamten Prozess zu optimieren. Wir wollen die Kundenanforderungen zu möglichst niedrigen Kosten und in angemessener Zeit erfüllen. Ein zentraler Aspekt ist das Wärmemanagement von Transformatoren. Für jeden Transformator, den wir entwickeln, ist das Wärmemanagement ein Schlüsselfaktor. Und genau darauf konzentriere ich mich in meinem Vortrag.

Was sind die zentralen Simulationsschritte bei einer solchen multiphysikalischen Analyse?

Ich bin Elektroingenieurin, daher liegt mein Fokus natürlich auf Elektromagnetik. Wir beginnen mit elektromagnetischen Simulationen zur Berechnung der Verlustverteilung – manchmal in 2D, manchmal in 3D – unter Berücksichtigung von Effekten wie Skin-Effekt, Proximity-Effekt, verschiedenen Geometrien, Materialien und Lastbedingungen. Für thermische Simulationen verwenden wir eigene analytische Tools, oft in MATLAB implementiert, und manchmal 2D-CFD. Wir betrachten auch die strukturelle Integrität, indem wir elektromagnetische Kräfte berechnen und diese in strukturellen Simulationen verwenden.

Was ist PyAEDT?

PyAEDT ist eine Open-Source-Python-Bibliothek zur Automatisierung von Ansys Electronics Desktop (AEDT).

Strategische Vorteile der Workflow-Automatisierung mit PyAEDT

  • Vollständige Workflow-Automatisierung
  • API-gesteuerte Flexibilität
  • Integration mit externen Tools (z. B. MATLAB, Excel)
  • Wiederverwendbare Erweiterungen und Toolkits
  • Open Source & GitHub-basiert
Bei dem Thema Multiphysik-Workflow denke ich an Ansys Workbench und daran, wie man die verschiedenen Teile miteinander verbindet. Welche Rolle spielt PyAEDT oder generell der Python-Zugriff dabei?

Wir wollen die volle Kontrolle über den gesamten Workflow – nicht nur über die Simulationen, sondern auch über analytische Blöcke und Testdaten. Wir möchten nicht, dass Ansys Workbench oder ein anderes Tool den Prozess steuert. Python ermöglicht uns, alle Komponenten in einen skriptgesteuerten Workflow zu integrieren.

Müssen Ingenieure denn Experten im Programmieren sein, um PyAEDT nutzen zu können?

Ich bin Elektroingenieurin. An der Universität musste ich die Grundlagen des Programmierens lernen, aber das war’s. Ich bin keine professionelle Programmiererin, und ich denke, das gilt für die meisten in unserem Umfeld. Und genau das ist die Stärke von PyAEDT: Man muss kein Python-Profi sein, um PyAEDT zu nutzen und Workflows zu automatisieren. Ein paar Dinge muss man schon lernen, aber es ist nicht nötig, professionell Programmieren zu können.

Methodology & Workflow

Toolchain: Ansys Maxwell + PyAEDT zur Automatisierung der Verlustberechnung und zum Export in generische Formate (.csv) für CFD-Tools.

Use Cases: Dry-Type Transformers und Hotspot Detection

  1. 10-kVA-Trockentransformator
    - Ziel: Bewertung des Einflusses von Niederspannungsanschlüssen auf die Temperaturverteilung.
    - Vorgehen: 3D-Maxwell-Modell inklusive Anschlüsse → Export der Verluste über PyAEDT → 2D-CFD-Modell in MATLAB.
    - Ergebnis: Lokale Verlustspitzen auf der Anschlussseite werden präzise erfasst und thermisch bewertet.
  2. Netzwerkmodell zur Hotspot Detection
    - Ziel: Effiziente Modellierung der 3D-Temperaturverteilung in Wicklungen.
    - Vorgehen: Diskretisierung in ein thermisches Netzwerk → Berücksichtigung von Leiterlänge, Konvektion und Wärmeleitung.
    - Ergebnis: Hotspots werden zuverlässig identifiziert – auch in komplexen Wicklungsstrukturen.
Was sind die Vorteile, wenn der automatisierte Workflow einmal läuft?

Das ist ein guter Punkt. Wenn Sie heute fünf Ingenieur:innen denselben Transformator zur Entwicklung geben und die Aufgabe in zwei Jahren wiederholen, erhalten Sie zehn verschiedene Ergebnisse. Menschliche Variation ist unvermeidlich. Was wir tun können – wir nehmen alle fünf Ingenieur:innen, diskutieren, kombinieren die besten Praktiken und integrieren diese in einen automatisierten Workflow.

Gibt es andere Anwendungen in Ihrem Unternehmen, bei denen dieser multiphysikalische Workflow mit PyAEDT wichtig ist?

Oh ja. Unsere oberste Priorität ist der elektrothermische Workflow, aber die strukturelle Integrität der Transformatoren ist ebenfalls sehr wichtig. In diesem Fall führen wir elektromagnetische Simulationen mit Ansys Maxwell durch und koppeln sie mit strukturellen Simulationen, um zu prüfen, ob der Transformator beispielsweise Kurzschlusskräften standhält. Ein weiteres Gebiet ist NVH – Geräusch, Vibration und Rauheit – was bei Verteilungstransformatoren in Wohngebieten wichtig ist. Wir betrachten auch Systemsimulationen, etwa die Berechnung von RLC-Parametern für Schaltungsmodelle. Beispielsweise berechnen wir die Kapazitäten zwischen den Wicklungen und verwenden diese Parameter in einer Schaltungssimulation.

Details, Tipps und Tricks: Manuelle Arbeit mit PyAEDT reduzieren

PyAEDT ermöglicht eine nahtlose Integration elektromagnetischer Simulationen und thermischer Bewertungen. Der Workflow ist auf andere Transformatorentypen und thermische Methoden übertragbar. Die strategischen Vorteile: Schnellere Entwicklungszyklen, höhere Modelltreue, bessere Entscheidungsfindung – bei reduziertem manuellem Aufwand.

Präsentation downloaden (Englisch)
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Was ist der große Vorteil dieses Workflows?

Transformatoren sind eine 150 Jahre alte Technologie, und die meisten Menschen wissen, wie sie funktionieren. Man könnte fragen: „Warum das alles? Warum beschäftigen sich Dutzende F&E-Ingenieur:innen damit?“ Wenn wir 99 % der Entwicklungsarbeit erreicht haben, wird es immer schwieriger. Wir befinden uns vielleicht bei den letzten 1 %, um die Leistung unserer Transformatoren zu optimieren. Und wir müssen alles untersuchen – wie können wir alles optimieren? Selbst kleine Verbesserungen bei Effizienz oder Gewicht können große Auswirkungen haben. Multiphysik, Optimierung und Automatisierung spielen eine wichtige Rolle.

Was sind Ihre nächsten Schritte? 

Meine Präsentation behandelt elektrothermische Simulationen mit Fokus auf die Wicklungsverluste, die den dominanten Verlustanteil bei Transformatoren darstellen. Aber wir müssen auch andere Verlustkomponenten betrachten – zum Beispiel Kernverluste oder Verluste in strukturellen Teilen. Das wäre der nächste Schritt. Darüber hinaus möchten wir elektromagnetisch-strukturelle Workflows automatisieren.

In Zukunft wollen wir diese Workflows containerisieren, sodass Nutzer:innen nur eine Schnittstelle haben und sich nicht darum kümmern müssen, wo die Simulation läuft – ob in der Cloud, auf virtuellen Maschinen oder anderswo.

Werden wir Sie auf der nächsten CADFEM-Konferenz mit einem Update sehen? 
Ich hoffe es! Ich freue mich darauf.

Irene, vielen Dank für dieses Interview.

Das vollständige Interview mit Irene Woyna (in Englisch):

Ansys HFSS

Industry standard for determining the radiation and transmission behavior of high-frequency electromagnetic fields.

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Editorial

Klaus Kuboth

CADFEM Germany GmbH

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