Simulationen zur Minimierung der Lärmabstrahlung bei elektrischen Antrieben
Gerhard Friederici 26.11.2024
Methodenentwicklung zum Vergleich der Ergebnisse verschiedener Simulationsansätze
Der Automobilzulieferer Valeo untersuchte und verglich die Simulationsmethoden, die bei der vibroakustischen Simulation von elektrischen Antriebsachsen nutzbar sind. Dadurch lassen sie sich gezielter und standardisiert einsetzen, berichtet Christian Ehrlich, NVH Expert bei Valeo E-Automotive Germany.
Welche Zielsetzung verfolgten Sie bei dem Vergleich der unterschiedlichen Simulationsmethoden?
Unser Ziel war es, die Simulationsmethoden, die wir bei der vibroakustischen Simulation von unseren elektrischen Antriebsachsen nutzen, gezielter und standardisiert einzusetzen. Dabei wollen wir ausgehend von der Oberflächenvibration mit Ansys die abgestrahlte Schallleistung berechnen.
Dazu nutzen wir neben der FEM – der Finite Elemente Methoden – auch die BEM – Boundary Elemente Methode – sowie die Methoden ERP – also Equivalent Radiated Power – und LPM – das Lumped Parameter Model. Damit setzen wir sowohl etablierte als auch Nischen-Methoden ein, die wir für sehr spezielle Anwendungsfälle entdeckt haben.
Unsere Ingenieure sollen jeweils die Methode wählen, die mit besonders wenig Aufwand zu schnellen Ergebnissen führt, wobei natürlich auch die Anforderungen an die Genauigkeit erfüllt sein müssen. Folglich muss bei der Wahl der Simulationsmethode die von uns gewünschte Balance der Größen Genauigkeit und Schnelligkeit eingehalten werden.
Welche Vorteile erhoffen Sie sich mit der Standardisierung, die mit der Methodenentwicklung einhergeht?
Unsere Standardisierungsbestrebungen sollen gleichzeitig zwei grundlegende Anforderungen erfüllen, und zwar eine möglichst umfangreiche Arbeitsersparnis und natürlich auch eine zuverlässige Qualitätssicherung. Da die Entwicklung und damit auch die Simulation bei Valeo international aufgestellt sind, ist es uns wichtig, unsere Simulationsmethoden über alle Standorte hinweg zu standardisieren. Nur so können wir sicherstellen, dass die Simulation überall auf dieselbe Art und Weise durchgeführt wird.
Bezüglich des Methodenvergleichs sind wir jetzt auf einem arbeitsfähigen Level. Das heißt, wir haben für jede Methode eine gute Beschreibung, wie sie anzuwenden ist. Das können wir den Simulationsingenieuren an die Hand geben, damit sie sich dran orientieren. Bei der Exaktheit der Arbeitsanweisungen ist natürlich noch Verbesserungspotential vorhanden. Damit haben wir eine Grundlage gelegt, aber bei der Methodenentwicklung ist man nie hundertprozentig fertig.
Beispielsweise wollen wir bei der Anwendung der Randelemente eine noch bessere Trennschärfe zwischen BEM und FEM erarbeiten. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass zum Beispiel durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz noch mal ein zusätzliches Level beim Geschwindigkeitspotenzial erreicht werden kann.
Können Sie uns etwas über den Aufwand und Ablauf bei der Methodenentwicklung mitteilen?
Selbstverständlich ist die Methodenentwicklung nur ein Aspekt meiner Aufgaben. Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht die Koordinierung der Simulation im täglichen Projektgeschäft, um damit die Projektvalidierung für unsere Antriebsachsen zu unterstützen.
Insgesamt haben wir aber viel Zeit in die Methodenentwicklung und Standardisierung investiert. Dafür holten wir uns Studenten an Bord und handelten das Thema unter anderem in Form von Masterarbeiten ab. Zusätzlich besorgten wir uns Daten aus laufenden Projekten, wo einige Methoden schon im Einsatz sind. Der größte Block der Anwendungsfälle sind Standardanwendungen. Hier sehen wir natürlich ein enormes Potential, um den Simulationsingenieuren zeitaufwendige Arbeiten abzunehmen, indem wir viel von dem Setup automatisieren. Jedoch warten da noch viele Aufgaben auf uns.
Welche anderen Firmenbereiche und Standorten waren in das Projekt involviert?
Ich bin am Standort Erlangen tätig. Hier haben wir die Hauptverantwortung für die gesamte Antriebsachse. Dazu gehören Motor und Getriebe sowie die Leistungselektronik. Zusätzlich führen unsere Getriebespezialisten in Frankreich ähnliche Simulationen durch. Unterstützt werden wir durch große Service-Center in Indien mit sehr viel Know-how, denn dort laufen viele Informationen aus allen Produktbereichen zusammen.
Wie sollen die Automatisierungen in der Simulation zukünftig fortgesetzt werden?
Aktuell ist unsere Zielrichtung diesbezüglich zweigeteilt. Einerseits geht es darum unsere Simulationsingenieure bestmöglich zu unterstützen. Das heißt, den Aufwand für sie im Ansys Workbench Umfeld deutlich zu reduzieren. Dazu werden wir den Workflow einschließlich der Reporterstellung weiter automatisieren, um die Simulationen zu beschleunigen.
Andererseits wollen wir die Simulationsingenieure entlasten, indem beispielsweise auch Konstrukteurskollegen Simulationsaufgaben übernehmen. Hier haben wir mit Ansys Discovery das ideale Werkzeug gefunden. Damit kann eine erste Bewertung oder eine Übersicht über die Verwertbarkeit ihrer Ideen von ihnen selbst generiert werden.
Welche Erwartungen verbinden sie generell mit der Ausweitung von Simulationsaufgaben über den Spezialistenkreis hinaus?
Grundsätzlich soll neben der Entlastung der Simulationsingenieure insgesamt ein umfassenderes Verständnis für Simulationsaufgaben entstehen. Das funktioniert nur, wenn die in Entwicklung und Konstruktion teilweise vorhandenen Selbstbeschränkungen bezüglich der Simulation aufgehoben werden. Dann erreichen die Fragen und Anforderungen an die Simulationsabteilung ein höheres Level und werden zielgerichteter formuliert. Dadurch lernen alle Projektbeteiligten Schritt für Schritt dazu.
Ich vermute, dass des Öfteren über Designvarianten nachgedacht wird, die gar nicht erst die Simulation erreichen, sondern vom Konstrukteur gleich wieder verworfen werden. Könnte er diese Varianten aber mit Discovery auf seinem eigenen Computer mal schnell erstellen und in wenigen Minuten selbst begutachten, dann würden bestimmt einige neue realisierbare Ideen in die Konstruktionen einfließen. Was wiederum zu mehr Innovationen führen würde.
Ansys Discovery
Rasche Untersuchung mehrerer Entwicklungskonzepte mit interaktiver Echtzeit-Simulation. In Sekunden experimentieren, Ideen verlässlich validieren